Archiv der Kategorie: Menschen & Regionen

Hündeleskopfhütte: Vegetarische Berghütte in den allgäuer Alpen eröffnet

Oberhalb des Pfrontener Ortsteiles Kappel liegt die Hündeleskopfhütte, die erste vegetarische Berghütte der Alpen. Die neue Pächterin Silvia Beyer eröffnete Anfang Juni 2015 die Türen zu der neuesten Pfrontener Einkehrmöglichkeit und freut sich auf die erste Sommersaison. Statt Schnitzel, Speck und Wurst kommen hier Spinatnocken, Schlutzkrapfen, Kässpatzn und viele weitere fleischlose Allgäuer Gerichte auf die Teller der Wanderer.

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus

Panoramablick von der Hütte; Foto Pfronten Tourismus


In einer knappen Stunde erreichen Wanderer auf direktem Weg die Hündeleskopfhütte – ein beliebtes Wanderziel, mitten in der Allgäuer Landschaft. „Die besondere Atmosphäre der Hündeleskopfhütte hat mich schon immer angezogen“, schwärmt die neue Pächterin der auf auf 1.180 Meter Höhe gelegenen Hütte. Von allen Seiten ist sie gut zu Fuß zu erreichen und biete ein „phantastisches Bergpanorama von der Voralpenlandschaft bis zu den Allgäuer, Tannheimer und Ammergauer Alpen“ bescheibt die Nesselwangerin Silvia Beyer von ihrer neuen Wirkungsstätte.
Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus

Hüttenpächterin Silvia Beyer; Foto: Pfronten Tourismus


„Viele der typischen Allgäuer Gerichte sind traditionell fleischlos, ich biete ganz typische Heimatgerichte aus gesunden Zutaten an.“ Ob die Hütte geöffnet ist, erkennen Besucher an der gehissten Hüttenfahne, die von vielen Punkten im Pfrontener Tal aus gesehen werden kann.

Anlaufstelle für Wanderer, Radfahrer und Rodler
Die Hündeleskopfhütte ist ein Ganzjahresbetrieb, im Sommer legen hier sowohl Wanderer als auch Radfahrer gerne eine Pause ein. Mit dem Drahtesel lässt sich die nur wenige hundert Meter neben einer beliebten MTB-Strecke gelegene Hündeleskopfhütte gut erreichen: Vom Ausgangspunkt in Pfronten-Kappel am Waldseilgarten geht es über knapp zwei Kilometer steil bergauf. Etwa 250 Höhenmeter muss ein Radfahrer bezwingen, bevor die Hütte erreicht ist. Zu Fuß gelangt man nach einer kurzen Wanderung über die gleiche Route zur Hütte.

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus

Eine Spezialität: Der Dinkelzopf; Foto: Pfronten Tourismus


Wanderfans finden in der Region zahlreiche Wanderwege. Eine Route führt auf 13 Kilometern vom Pfrontener Ortsteil Kappel über gut 800 Höhenmeter rund um den Edelsberg, hier laden mit der Hündeleskopfhütte nicht nur insgesamt vier Berghütten zur Einkehr ein, vor allem eröffnet sich ein spektakulärer Rundblick auf die Voralpenlandschaft mit den zahlreichen Seen.

Im Winter dient die Hütte zugleich als Ausgangspunkt einer beliebten Rodelstrecke, dann kann der Rückweg der aussichtsreichen Winterwanderroute von Pfronten-Kappel bis zur Hündeleskopfhütte oder noch weiter bis zur Kappeler Alp mit dem Rodel zurückgelegt werden.

Mehr Information
Jan Schubert
Pfronten Tourismus
Vilstalstr. 2, 87459 Pfronten
Tel.: +49 (0)8363-698-38
www.pfronten.de

Frühlingserwachen auf Mallorca ….

Der Frühling ist nach einem langen kalten Winter nun auch auf der Baleareninsel Mallorca ausgebrochen. Emsig arbeiten die Restaurant- und Barbesitzer daran rechtzeitig fertig zu sein, wenn die Saison richtig losgeht. Hier schon mal ein paar Impressionen, die Lust machen auf mehr ….

Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Die Cala Gat, nahe der Cala Ratjada, benannt nach den vielen Katzen, die rund um die Bucht verstreut sind
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat ...
Neuer Anstrich für den Chiringuito in der Cala de Gat …
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Fischer im Hafen von Cala Ratjada
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Manches Schiff wartet noch auf den Krantermin
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Morgenstimmung an der Promenade von Cala Ratjada
Die Cala Agulla ...
Die Cala Agulla …
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Die Cafes auf den Plätzen von Pollenca sind vor allem voll mit Radlern, die hiier ihre Pause einlegen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Wer die 365 Stufen hoch auf die Spitze des Kalvarienberges in Pollenca steigt, sollte sich eine kleine Stärkung gönnen
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Gin Tonic und Eiscafe schmecken in der Hafenbar bereits köstlich
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Die Tapabar im Hafen von Cala Ratjada wartet schon auf erste Gäste
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Manche Ecken wirken noch etwas verschlafen
Das Meer schafft es fast in die Bar
Das Meer schafft es fast in die Bar
Naturschauspiel ....
Naturschauspiel ….
Die Familie und das Meer
Die Familie und das Meer
Die Bar Sa Cova ist ein Muss - schon wegen der tollen Tapas
Die Bar Sa Cova ist ein Muss – schon wegen der tollen Tapas
Bar Sa Cova mit Tauchschule
Bar Sa Cova mit Tauchschule

Abruzzen: Gitarrennudeln, Wein und eingelegte Köstlichkeiten

Die Landschaft am Fuße des Gran Sasso hält für Genießer so manche Überraschung bereit

Der Blick ist eine wahre Pracht: sanfte Weinfelder wohin man schaut, in der Ferne die Silhouette des Adriatischen Meeres, nach Süden hin durchsetzen Getreide- und Gemüsefelder die fruchtbare Weinlandschaft. Von der Montagna di Maiella her weht eine frische Brise, der majestätische Gran Sasso, mit 2912 Metern höchstes Massiv der Abruzzen, liegt vis à vis. „Kleines Tibet nennen wir den Garten“, sagt Marina Cvetic, „wegen der Stille“, fügt die gebürtige Kroatin und Witwe des im Jahr 2008 verstorbenen Winzers Gianni Masciarelli hinzu. Sie leitet seither mit Tochter Miriam die Geschicke des Weingutes. Es ist der Garten des mittelalterlichen Castello, das der Winzer und Gründer des Weingutes 2005 erworben hat, unweit von San Martino sulla Marrucina gelegen, einem kleinen 800-Seelen Dorf in der Provinz Chieti und zugleich Sitz des Weinguts Masciarelli.

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Der Garten des mittelalterlichen Castello

Wo einst die sizilianische Baronenfamilie Semivicoli die Räumlichkeiten des Schlosses bewohnte, entstand ein exklusives Hotel. Während im unteren Geschoss die Räume der Adelsfamilie unverändert sind und den Besucher in eine vergangene Epoche entführen, sind im übrigen Anwesen die Zimmer üppig restauriert. Es war das Herzensprojekt des Bauherrn Masciarelli, der schon während der Bauphase die Vorzüge und Details des Anwesens hervorhob. Vom Original-Holz aus dem 16. und 17. Jahrhundert, dem klassischen Kamin, den Steinen aus der Region, der in die Wand integrierten Heizung und natürlich dem Yacuzzi – ein idealer Ort, um sich von der umliegenden Landschaft berauschen zu lassen. Das sanierte Schlosses trägt die Handschrift von Masciarellis Vision. Eine Vision, in deren Mittelpunkt die Liebe zu den Abruzzen, die Leidenschaft für gute Weine, eine vorzügliche Küche sowie eine Art gediegener Luxus standen. „Alles Negative sollte vom Gast fern gehalten werden“, so lautete das Credo des Unternehmers. Auch geparkte Autos gehören dazu – sie gehören in die Tiefgarage verbannt.

Ebenso engagiert wie sein touristisches Konzept hat der Abruzzer die Pflege und Erweiterung seines Weingutes seinerzeit vorangetrieben. Mit gerade mal zwei Hektar begann der self-made-man im Jahr 1981 seine Winzer-Laufbahn. Er borgte sich dazu Anteile von seinem Großvater – einem ebenso enthusiastischen Winzer – die er sodann erfolgreich bewirtschaftete. Dabei verließ er sich nicht auf staatliche Fördertöpfe oder EU-Zuwendungen. Zu tief war sein Misstrauen gegen die Politiker.

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Gründer Gianni Masciarelli verstarb im Jahr 2008

Mit dem Bus geht es vom mittelalterlichen Städtchen Guardigrele in die nördlich gelegene Provinz Teramo. In allen vier Provinzen der Abruzzen liegen Masciarellis Weinfelder verteilt, der Großteil befindet sich in Teramo und Chieti – zu 70 Prozent Vini Rosso, der Rest Weißwein. Die Produktlinien Masciarelli Classico d’Abruzzo, Villa Gemma und Marina Cvetic sind die bekanntesten und sie bestehen jeden Vergleich: Der reinsortige Montepulciano d’Aruzzo Villa Gemma erhielt bereits die begehrte Auszeichnung „Tre Bichieri“ und wurde im Jahr 2000 schon zum besten Rotwein Italiens gekürt. Ebenso mit „drei Gläsern“ ausgezeichnet wurde der nach seiner Ehefrau benannte rubinrote Montepulciano d’Abruzzo Marina Cvetic, der in 200 bis 400 Meter Höhe angebaut und Mitte Oktober geerntet wird.

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Der Wein begleitet die Natur

Die Reben auf den ausgedehnten Weinfeldern sind meist zwischen zehn und 40 Jahre alt und allesamt in höchst gepflegtem Zustand. Es ist die Mischung aus Leidenschaft und fundierter Sachkenntnis, die Masciarellis Weine auszeichnen und heute von Ehefrau und Tochter in seinem Sinne weitergeführt werden. Apropos Qualität: Sein Qualitätsbewußtsein hat Masciarelli in Frankreich entwickelt – allein sieben Jahre lang lebte er bei Winzern in der französischen Bourgogne. Seither gilt die Devise: „Was ist Wein, wenn nicht die Kunst, die Natur zu begleiten?“ So hat das Weingut Masciarelli damals wie heute höchst aufmerksam den genauen Zeitpunkt für die manuelle Lese und gewählt die zu verarbeitenden Trauben exakt ausgesucht.

SchlossAbendessen

Bei einem Abendessen im Castello lassen sich auch die kulinarischen Vorzüge der Region genießen

Zum Wein gesellt sich die erlesene Küche mit Produkten aus der hiesigen Landwirtschaft. Im Ristorio di Campagna in Colonnella in der Provinz Teramo wird die regionale Kochkunst zelebriert. Den Auftakt machen vier verschiedene Sorten Olivenöl, ebenfalls aus der Produktion des Weingutes – gereicht mit frischem Brot wecken sie den Appetit. Ganz zu schweigen von den Ravioli mit Ricotta und Zimt gefüllt den hausgemachten „chitarrina abruzese“, Gitarrennudeln und dem delikaten Safraneis zum Dessert. Dazu ein Blick auf die sanften Weinberge – und das Glück scheint perfekt.

Mehr Information
Azienda Agricola Masciarelli,
San Martina sulla Marrucina,
I-66100 Chieti,
Tel. 0039/0871/85241/82333,
www.masciarelli.it

Andalusien: Siesta unter Palmen

Maurisches Erbe und christliche Symbole, Fiestas zwischen Feiern und Frömmeln, kilometerlange goldgelbe Strände und Bars mit Wohnzimmercharakter – unterwegs zu den Schätzen Andalusiens.

Warme Luft weht durch die engen, verwinkelten Gassen, Wüstenluft aus der Sahara. Unter den Absätzen klackert der Asphalt, nur noch vereinzelt kommen Passanten entgegen, eine Kirchturmuhr schlägt drei Uhr nachmittags. Aus der Ferne erklingt die schneidende Stimme eines Losverkäufers der staatlichen Blinden¬lotterie. Der süße Duft von Jasmin und Orangenblüten vermischt sich mit dem Geruch von Espresso und hochkonzentriertem Putz¬mittel. Siesta in Ayamonte, einer Kleinstadt direkt an der Grenze zu Portugal und an der Mündung des Flusses Guadiana in den Atlantik gelegen.

Blick auf die Silhouette Cordobas

Blick auf die Silhouette Cordobas

Wie vor zwanzig Jahren hatte ich die Fähre über den Grenzfluss Guadiana genommen, statt, wie neuerdings üblich über die Autobrücke zu fahren. In alten Erinnerungen schwelgend wählte ich die außergewöhnliche Route von Faro an der Algarve, um mit dem Mietwagen in mein geliebtes Andalusien einzureisen. „So erlebe ich am intensivsten den Mentalitätsunterschied“, sagte ich mir. Hier die eher melancholisch und ruhig anmutenden Portugiesen, dort die temperamentvoll-feurigen Andalusier. Der Fluss trennt zwei Welten.

Die Mezquita von Cordoba

Die Mezquita von Cordoba

Der Mittvierziger ist wie immer pünktlich. Um vier vor der Kirche Parroquia del Salvador, so hatte ich es mit Juan Perez Martinez vereinbart, dem waschechten Sevillano und Freund aus gemeinsamen Kölner Tagen. Zusammen wollen wir erkunden, ob die Playa Bolonia, jener Strand an der 250 Kilometer langen Costa de la Luz, der Küste des Lichts, noch immer so goldfarben leuchtet und nahezu unberührt ist wie vor 20 Jahren. Bis zum Küstenstädtchen Isla Christina ist es nicht weit – es ist bekannt für seine hervorragenden Fischspeisen und wie geschaffen für eine erste Rast.

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Die Bar gehört zum Alltag der Andalusier

Dass der Fischfang noch heute neben dem Tourismus zu den wichtigsten Einnahmequellen des Pueblos gehört, ist täglich bei der Fischversteigerung in der Fischhalle La Lonja zu bewundern, meint Juan. „Ein besonderes Spektakel“, sagt er begeistert. Doch es sind auch die zwölf Kilometer feiner Sandstrand und das kristallklare Wasser des Atlantiks, die den Ort nahe des Naturparks Marismas de Isla Christina, so attraktiv machen. Vom Chiringuito, der kleinen Strandbar, die es überall an Andalusiens Stränden gibt, wandert der Blick gen Horizont, wo zwei Schiffe Kurs auf die Straße von Gibraltar nehmen.

Die Virgin de .... als Schutzheilige

Die Virgin de …. als Schutzheilige

„Apropos Naturpark“, erinnert sich Juan und verweist auf den nahen Coto Doñana, Spaniens größten Nationalpark und zugleich eines der weltweit wichtigsten Feuchtgebiete. Etwa sechs Millionen Zugvögel legen hier eine Pause ein, wenn sie im Frühjahr und im Herbst ihre Lebensräume in Afrika und Europa wechseln, manche überwintern auch. „Eine einzigartige Landschaft“, schwärmt Juan, der auch zehn Jahre nach seiner Rückkehr in die Heimat nahezu akzentfrei Deutsch spricht. Er erzählt gestenreich, wie alljährlich zu Pfingsten kilometerlange Karawanen aus geschmückten Planwagen, begleitet von stolzen Reitern in andalusischer Tracht, durch Pinienwälder, Korkeichenhäine und Sumpfland bis zu den Wanderdünen ziehen.

Ihr Ziel sei das 500-Seelen-Dorf El Rocío. Zu Ehren der heiligen Jungfrau, die im 7. Jahrhundert in den nahen Sümpfen gefunden worden sein soll, werde dort tagelang gebetet, gefeiert und geflirtet. Zu erleben sind feuriger Flamenco und tief verwurzelter Glaube. „Das alles vor einer Kulisse wie aus einem Western“, ist Juan jetzt ganz in seinem Element.

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Die begehrten Paradores, staatliche Hotelketten, liegen meist im Zentrum vis á vis historischer Bauten

Die Gedanken fließen während wir auf der Autopista del Quinto Centenario, einer Schnellstraße, die 1992 zum Gedenken an den 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas fertig gestellt wurde, in nur einer knappen Stunde bis in die Hauptstadt Andalusiens – nach Sevilla – fahren.

Ich kann es kaum erwarten endlich den Alcázar wieder zu sehen, jenen Königspalast, der auch die kleine Alhambra genannt wird. Auf Schritt und Tritt sind im Palast die Symbole des christlichen Spanien – die Burg und der Löwe – zu sehen, aber ebenso Lobpreisungen Allahs auf kufischen Spruchbändern. Maurische und christliche Symbole vermischen sich, „weil maurische Baumeister aus Granada den Königspalast auf Weisung des christlichen Königs Peter des Grausamen errichtet haben“, weiß Juan, der im Nebenjob als Cityguide deutsche Gruppen durch seine Heimatstadt führt. Für Juan ist es das perfekteste Werk des Mudéjar-Stils, jener Verschmelzung des christlichen Baustils mit der maurischen Baukunst.

Die Alhambra von Granada

Die Alhambra von Granada

Viele der prunkvollen Bauwerke aus der Zeit der maurischen Herrschaft, die im 8. Jahrhundert begann, sind noch heute in ganz Andalusien verstreut, ob ganz berühmt wie die Alhambra von Granada und die Mezquita von Córdoba oder versteckt in Kirchen und Palästen im ganzen Land. Ganz Andalusien ist unter der Herrschaft der Araber kulturell, geistig und wirtschaftlich aufgeblüht. Von allen spanischen Gebieten, welche die Mauren eroberten, blieb Andalusien am längsten in den Händen der Araber. Erst 1492 wurde es im Rahmen der Reconquista von christlichen Herrschern zurückerobert. Für Juan einer der Gründe, warum die Uhren zwischen der Levanteküste im Osten und der Costa de la Luz im Westen anders ticken als im übrigen Spanien.

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Typisch sind die Alcázares, die Prunkgärten

Nicht weit von den Mauern des Alcázar entfernt liegt die Giralda, der 76 Meter hohe Glockenturm der weltweit größten gotischen Kathedrale, dem Wahrzeichen Sevillas und zugleich ein weiteres Beispiel für den Stilmix. Denn das ehemalige Minarett der Hauptmoschee ist bis heute Teil der Kathedrale.

Nach den ersten kultuerellen Leckerbissen ist Zeit für Chocolate con Churros, dem typisch spanischen Gericht zur Kaffeezeit, bestehend aus dickflüssiger Trinkschokolade mit länglichem Krapfen. Die schmecken am besten am Ufer des Rio Guadalquivir vis-á-vis des erhabenen Torre de Oro, dem Goldturm. Und nach einem Gang durch das alte Judenviertel Barrio Santa Cruz und einem Besuch bei den Bauten der Weltausstellung mit dem riesigen Spannarm der Alamillo-Brücke des Stararchitekten Santiago Calatrava, drängt Juan mehr und mehr in sein Wohnzimmer – in die Bar.

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Barmänner sind wahre Künstler hinterm Tresen

Besonders am frühen Abend um acht beginnt die Stunde der Tapas. Das Rinconcillo, die älteste Bar Sevillas aus dem Jahr 1670, nahe der Kirche Santa Catalina gelegen, lädt ein zur ersten Rast. Denn: „Man zieht mindestens in drei bis vier Bars seiner Wahl“, erklärt Juan, „in einer allein bleibt man selten.“ Dicke Schinken hängen von der Decke, rustikale Holzregale mit Whisky, Schnaps und Wein zieren die Wände im Thekenbereich, um die runden Tische aus riesigen Weinfässern stehen jung und alt, Einheimische und Touristen, Handwerker und Juristen. „Una de Espinaca“, ruft einer der vier flinken Barmänner den schwitzenden Kollegen in der Küche zu und schon steht eine kleine Portion, höchstens Untertellergröße – die Spezialität des Hauses, Spinat mit Kichererbsen – bereit.

Bars liegen meist in Sichtweite der Kirchen

„Tapas lenken vom Alkohol ab“, klärt der Camarero, der Barmann auf, „sättigen müssen sie nicht.“ Er addiert flugs die Rechnung mit Kreide auf dem Holztresen und hat stets noch ein offenes Ohr – wahre Artisten in weißem Hemd und schwarzer Hose. Weiter geht’s durch die teils mit Segeltuch überspannten Gassen, die so vor der Hitze schützen, in die nächste Bar – die Bar Eslava nahe der Plaza San Lorenzo. Maite, Juans Frau wartet hier schon mit den beiden Kindern José und Blanca. Die flitzen schon in jungen Jahren zwischen den Gästen hin und her, kennen jeden und fühlen sich hier pudelwohl Küsschen links, rechts und wieder links – das ist so üblich im Süden.„Die Bars gehören zu Sevilla wie die Kaffeehäuser zu Wien und die Kölschkneipe zu Köln“, muss Juan noch los werden. Wenn in der Semana Santa, der Karwoche vor Ostern, Tausende von Menschen Straßenränder und Plätze säumen, erst leidenschaftlich trauern und anschließend wild feiern – dann müsse eine Bar in der Nähe sein. „Ein Grund dafür“, mischt sich Maite ein, „dass die Bars meist in Sichtweite der Kirchen liegen.“

Innerhalb der Alhambra

Innerhalb der Alhambra

Und das ist nicht nur in Sevilla so. Auch in den folgenden malerischen Orten und Städten unserer Reise liegt die Bar vis-á-vis der Gotteshäuser. Den Anfang macht Sanlucar de Barrameda an der Mündung des Rio Guadalquivir in den Atlantik gelegen. Hier wird der Manzanilla, ein trockener mit Alkohol angereichter Weißwein der Region, aus Holzfässern gereicht. Zusammen mit ein paar Gambas al ajillo, Garnelen in Knoblauch, ist der Genuss perfekt. Beim Blick auf die Plaza, wo jung und alt unter Palmen flanieren und jeder mit jedem zu reden scheint, fällt es auch den beiden Entdeckungsreisenden schwer, ihre Tour fortzusetzen.

Doch zu verlockend ist die Aussicht auf die weiteren Juwele Andalusiens. Am nördlichen Zipfel der Bucht von Cádiz liegt Rota, ein verträumtes Fischerdorf, das sich seinen ureigenen Charme erhalten hat. Schon vom Auto aus lockt das tiefe Blau des Ozeans und die Strände halten, was Juan bereits in höchsten Tönen angekündigt hatte. Erstklassige feine Sandstrände, von denen der Playa la Costilla bereits als schönster Strand in Spanien ausgezeichnet wurde.

Die Altstadt von Granada - das Albayzin

Die Altstadt von Granada – das Albayzin

Weniger mit offiziellen Auszeichnungen glänzt Cádiz, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Seine etwa 3000 Jahre alte Geschichte spricht für sich. „Wir nennen es la tacita de plata“, plaudert Juan aus dem Nähkästchen. Das bedeute Silbertässchen und beziehe sich auf seine Lage auf einer Felshalbinsel, die in die Bucht hineinragt um vom Atlantik umgeben ist. Juans kurze Beschreibung muss reichen, die Carretera Nacional verläuft weiter Richtung Süden auf die Ruta de los pueblos blancos, die Route der weißen Dörfer. Für den Andalusier ist es ein Heimspiel. Er hat in Conil de la Frontera eine kleine Wohnung, wo er mit seiner Familie – wie viele Spanier – einen Großteil der Sommermonate verbringt. Bis zu 80.000 Touristen erwecken dann das sonst eher verschlafene 20.000-Seelen Städtchen, das einst vom Thunfischfang lebte.

„Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“

„Überfüllt ist es trotzdem nicht“, erzählt Juan. Wer die kilometerweiten Sandstrände sieht, weiß, dass es stimmt. Mehr noch: Hinter dem kleinen Hafen von Conil liegen die berühmten Felsbuchten von Roche. „Sie wirken verlassen und abgeschieden, sind teils nur über Steintreppen erreichbar, was ihren besonderen Reiz ausmacht“, verweist der kundige Andalusier, den es zum Sonnenuntergang nach Vejer de la Frontera zieht. Wie ein weißer Klecks auf grauem Hintergrund schmiegt sich Vejer an das Felsgestein, neun Kilometer von der Küste entfernt auf einem Hochplateau gelegen. Fast perfekt erscheint das Weiß der Häuser. „Die gekalkten Wände reflektieren die Sonne“, erklärt Juan, „so heizen sich die Wohnräume nicht zu Glutöfen auf.“

In der Markthalle von Malaga

In der Markthalle von Malaga

Die historische Altstadt umgibt eine lange Stadtmauer, unterbrochen von vier Stadttoren und drei Türmen. Ein Bummel durch die engen Gassen führt vorbei an kleinen Läden mit Handwerksarbeiten aus der Region – Leder¬taschen und Schnitzereien in reicher Auswahl. Auf der Plaza de Espana, die früher als Stierkampfarena diente, lockt ein von Palmen umgebener Brunnen zur Rast. Vejer sei nicht nur schön, es heiße auch so, sagt die alte Frau auf der Parkbank mit einem Lächeln: „El pueblo mas bonito“ – das schönste Dorf. Diesen wohlklingenden Titel trage Vejer schon seit 1978, erzählt sie stolz. Zu Recht, denn neben der Schönheit glänzt Vejer auch durch seine lange Geschichte. Einst besiedelten es die Römer, dann kamen die Westgoten bis es über 600 Jahre in maurischer Hand war. Aus dieser Zeit stammt auch das Castillo, die ehemalige maurische Burg aus dem 11. Jahrhundert. Auf dem höchsten Punkt der Altstadt angelegt, bietet sie alle strategischen Vorteile einer Weitsicht auf Küste und Hinterland. Im Jahre 1250 eroberten die Christen Vejer zurück, seither heißt es Frontera, es bezeichnet die damalige Frontlinie gegen die Araber.

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Churros con Chocolate als Spezialiät

Weiter auf den Spuren der maurischen Vergangenheit führt am nächsten Morgen die Straße durch fruchtbares Acker- und Weideland weiter landeinwärts über die ruta de los toros, die Stierroute, nach Medina Sidonia. Entlang der Straße grasen dutzende schwarzer Kampf¬stiere auf sattgrünen Wiesen.

Marktverkäufer in Malaga

Marktverkäufer in Malaga

Wie Vejer wurde die uralte Siedlung Medina Sidonia strategisch auf einem Hügel angelegt, oft war sie umkämpft. Durch das Hufeisentor Arco de la Pastora führt der Weg vorbei an Holz- und Tonwerkstätten zur höchsten Stelle des Ortes: Hier liegen die Reste der einstigen Burg und die Kirche Santa María aus dem 15. Jahrhundert mit ihrem eigenwilligen Stilmix aus Gotik und verspielt wirkender isabellinischer Renaissance. In den Gassen ist es ruhig, kaum ein Tourist scheint Medina auf der Agenda zu haben. Nur aus den vereinzelten Bars dringt das typische Zischen der Kaffeemaschine und die hektischen Stimmen der Gäste. Von den Ruinen der alten Festung schweift der Blick über die ausgedehnten Getreidewiesen – am Horizont flimmert das Wasser des Atlantiks. Wie ein Lockruf für meine Sehnsucht nach Bolonia.

Doch bevor ich den Ozean an meiner Lieblingsstelle wiedersehen werde, verläuft die Tour weiter ins Hinterland der Sierra de Cádiz. Die kurvenreiche Straße windet sich Richtung Ubrique kilometerweit durch Korkeichenwälder – 160.000 Hektar mediterraner Wald erstrecken sich in Richtung Ronda – in die Stadt der Stierkämpfer und Banditen, wie sie genannt wird. Über einer 120 Meter tiefen Schlucht, die der Fluss Guadalévin in die Felsen geschnitten hat, thront sie auf einem Hochplateau. Eine Brücke aus dem 18. Jahrhundert überspannt die tiefe Schlucht. Sie verbindet zugleich die beiden Stadtteile miteinander: Das alte arabische Viertel mit zahlreichen historischen Bauten und dem Königspalast und auf der anderen Seite den Mercadillo, der neuere Stadtteil. Der Blick von der Brücke in die Weite der umliegenden Serrania ist umwerfend, lässt alles andere vergessen. „Schon Hemingway zog es hierher“, unterbricht ein Tourist in breitem US-amerikanisch die meditative Stille, dreht sich um und zeigt auf die Stierkampfarena. „Wohl eine der ältesten Spaniens“, sagt der glühende Corrida-Fan aus den Staaten. und führt die beiden Freunde in die Arena auf den Spuren des alten „Aficionados“ Hemingway.

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„Von der Carretera nach Tarifa geht es irgendwann rechts ab“, so hatte meine Gedächtnis es abgespeichert. Dann führte die Straße durch hügeliges Weideland gen Westen. Hier und da eine kleine Finca, in der Ferne die Ausläufer der Sierra de la Plata und irgendwann folgten die ersten Häuser einer Siedlung – sprudelt es aus meinen Erinnerungen. Juan fährt wie beschreiben – und es ist als wäre die Zeit stehen geblieben: Träge weiden die Rinder auf den flachen, leicht begrünten Dünen. Dahinter türmt sich der Sand zu einem Berg empor, bevor er in einen weiten Pinienwald übergeht. Die Ursprünglichkeit der alten Siedlung nahe den römischen Ruinen von Baelio Claudia, der lang gezogene endlos weite Strand und die Aussicht sind gleich geblieben. Vom Playa aus klettere ich die felsige Landzunge hinauf, und ich bin vom Anblick so ergriffen wie damals: Die nahe Küste Afrikas und die fernen Berge des Atlas senden einen stummen Gruß nach Europa.

Auch das alte Standlokal führt noch immer fangfrisches Thunfischfilet auf der Karte. Selbst Rosa, die Besitzerin kann sich dunkel an damals erinnern. Ein Farbenspiel aus kräftigem Blau des andalusischen Himmels, smaragdgrünem Atlantik und goldgelbem Sand begleitet die Mahlzeit. Rosa spendiert eine Flasche Tinto vom Besten – das hilft der Einnerung auf die Sprünge. Die Schönheit Andalusiens überwältigt – auch nach 20 Jahren.

Mehr Information

Top-Tipp
– Die Mezquita von Córdoba (ca. 120 Kilometer nordöstlich von Sevilla) zählt zu den beeindruckendsten Bauwerken der Welt. Die so genannte Heilige Kathedrale (ehemalige Moschee) ist die bedeutendste Attraktion von Córdoba. Der imposante Bau vereint zahlreiche Stilrichtungen und religiöse Elemente des Islam und der christlichen Kultur.

Restauranttipp
Das „Carmen Mirador de Aixa“ liegt inmitten des historischen Viertels Albayzin von Granada, direkt gegenüber den Nasridischen Palästen der Alhambra. Das Restaurant mit seinem außenliegenden Patio und dem für Granada typischen Ambiente bietet ein anspruchvolles Speisenangebot mit Produkten der mediterranen Küche. So zaubert der Koch etwa Kabeljau vom Holzkohlegrill auf einem Ibérico-Bett oder Entenleberpastete mit Quittengelee. www.miradordeaixa.com

Strände
-„Playa de los Genoveses im Nationalpark Cabo de Gata bei Almeria ist ein 1,2 Kilometer langer Naturstrand
– Playa de Matalascanas nahe des Donana Nationalparks bietet 5 Kilometer langen familienfreundlichen Sandstrand
– Playa de Zahora und el Palmar an der Costa de la Luz. Die kilometerlangen Strände eignen sich hervorragend um die Stille zu genießen, auch ideal zum Kite- und Windsurfen.

Piemont: Auf den Spuren der Savoyer

Im Piemont und seiner Hauptstadt Turin hinterließ die Dynastie der Savoyer vielseitige Zeugnisse ihrer Herrschaft – allein 17 Schlösser gehören zum Unesco Weltkulturerbe.

„Die blauen Trikots der italienischen Fußball-Nationalmannschaft erinnern noch heute an die Savoyer“, stellt Alessandra Palombo klar. Im Zeitraum zwischen 1861 und 1946 waren die Savoyer Italiens Könige – und etablierten königsblau als Farbe ihrer Dynastie stellvertretend für das ganze Land. Daraus sei die weltbekannte „squadra azzurra“, die blaue Mannschaft Italiens entstanden, erklärt die kundige Turinerin.

Doch damit nicht genug. Besonders in der Region Piemont findet man heute Zeugnisse der Savoyer auf Schritt und Tritt. Am auffälligsten ist die markante Achse entlang des Corso Francia in Turin, jener mit 20 Kilometern längsten Prachtallee Europas, die einst von den Römern angelegt und später von den Savoyern weiter ausgebaut wurde. „Sie verbindet das Castello di Rivoli, den Geburtsort der Könige mit dem Palazzo Reale, dem Zentrum der Macht und der Basilica di Superga, wo sie begraben sind“, klärt die Turinerin auf. Ein Aufstieg mit der Zahnradbahn auf den östlich des Stadtzentrums liegenden 700 Meter hohen Hügel hinauf zur Basilica lohnt sich allein schon wegen der fesselnden Aussicht über die Stadt. Hinzu kommt die opulente Ausstattung der Basilica des Architekten Filippo Juvarra. Führungen durch die Grüfte der savoyischen Könige machen die Visite zusätzlich attraktiv.

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Arkaden nahe der Piazza San Carlo in Turin

Ein Besuch im Palazzo Reale, das vom herzöglichen Architekten Amedeo di Castellamonte erbaut wurde und bis 1865 offizielle Residenz der Savoyer im Herzen der Stadt war, bringt dem Besucher die privaten Gemächer des Königs und der Königin sowie deren Repräsentationssäle näher. Umgeben von prunkvollem Dekor – allen voran der Thronsaal mit seinen königlichen Insignien, den Spiegel- und Gemäldegalerien, den Kristalllüstern, bemalten Kassettendecken und der Sammlung chinesischen Porzellans, fühlt man sich wie in eine andere Welt versetzt. Schließlich durchschreitet man den Salone da Ballo, den Ballsaal mit seinen 20 Säulen, in dem einst bis zu 2000 Personen tanzten. Über die meisterhaft gestaltete Treppe Scala delle Forbici von Filippo Juvarra gelangt man wieder hinaus auf die Piazetta Reale.

Palazzo Reale in Turin

Palazzo Reale in Turin


„Das Castello Rivoli wurde nie ganz vollendet“, sagt Palombo und zeigt dabei auf die Nahtstellen der baulichen Fragmente. Auf einer Moränenanhöhe über dem Suzatal thront das Castello und wirkt wie ein Vorposten der pulsierenden Metropole Turin. Einst bewachte es den Eingang zum strategisch wichtigen Suzatal. „Für die Savoyer war es ein Lebensmittelpunkt“, weiß Palombo, „heute ist es ein Museum.“ Alle drei Monate finden in den Sälen des Schlosses wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst statt. In den mit grotesken Deckenmalereien von Juvarra ausgestatteten hohen Schlossräumen erzielen die neuzeitlichen Exponate ihre besondere Wirkung. Wandteppiche, die einst ein Zeichen von Reichtum darstellten, sowie Vries mit Malereien steigern den Kontrasteffekt noch zusätzlich.

Jedem Besucher wird klar: Die Zeugnisse dieser fast 1000-jährigen Dynastie sind doch weit vielschichtiger als ein blaues Trikot ….

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Piemonte Turismo Srl
Via A. Avogadro, 30
10121 Torino
Tel. +39 011 4326210
www.piemonte-turismo.it