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Rügen: Schwimmende Häuser im Hafen

Dass auch Häuser im Hafen ankern, beweisen die schwimmenden Häuser in Lauterbach auf Rügen. Einst ein Pionierprojekt liegt inzwischen schon die zweite Generation der Häuser im Bodden. Im Winter wird ein Aufenthalt zum besonderen Erlebnis.

Gründer Jaich vor seinen Schwimmenden Häusern

Till Jaich, Mitbegründer der Wassererlebniswelt „Im Jaich“

Eisig weht der Wind aus Nordost. Nur eine schmale Fahrrinne verläuft vom Hafen Lauterbach durch den zugefrorenen Greifswalder Bodden hinüber zur Insel Vilm, dem Sitz der Internationalen Naturschutzakademie. Unweit des Anlegers verlaufen Stege, die zu den um diese Jahreszeit verwaisten Boots-Liegeplätzen führen. An einem dieser Stege liegen zwölf Häuser, auf denen jeweils ein Fähnchen im kräftigen Wind flattert – als wäre es eine Forschungsstation in der Arktis. Doch es sind schwimmende Häuser im Hafen, die im Winter wie geschaffen sind für eine kreative Auszeit. „Manche unserer Gäste quartieren sich gleich für einen Monat ein, schalten das Handy ab und widmen sich einer kreativen Arbeit“, erzählt Mitbegründer Till Jaich mit einem verschmitzten Grinsen.

Wie Peter aus Zürich, den es statt auf die Piste lieber aufs gefrorene Eis zieht. Er genießt es, wenn morgens bereits die Tüte mit den frischen Brötchen an der Eingangstür im Wind baumelt, ein Schwarm Möwen kreischend übers Haus fliegt und vom Ufer her das stete Klimpern der Leinen an den Segelmasten der aufgedockten Boote im Hafen zu hören ist. „Zurückgezogen, aber nicht allein“, bringt es der sympathische Schweizer auf den Punkt. Heute widmet er sich nach Joggen und Frühstück wieder seiner Arbeit am Drehbuch.

Inspiriert von der Gegend war auch Tills Vater Ingo, als der erfahrene Yachthafenbauer kurz nach der Wende die Küste Mecklenburg-Vorpommerns entlang fuhr und irgendwann in Putbus auf Rügen landete. Die fürstliche Residenzstadt mit ihren klassizistischen Bauwerken, die Fürst Wilhelm Malte zu Putbus im Jahr 1810 anlegte, hatte es ihm angetan. Im nahen Vorort Lauterbach fand er das fürstliche Badehaus Goor mit seiner imposanten Säulenfassade. Ein idealer Ort für Ingo Jaichs Pläne: Eine Wassererlebniswelt mit Segel- und Yachthafen und schwimmenden Häusern schwebte ihm vor.

Gesetzeslücke brachte die ersten Häuser ins Wasser

„Weil den Behörden nicht klar war, wie man sie einordnen sollte, galten die Häuser juristisch als Boote“, erinnert sich Till Jaich an die erste Genehmigungsphase im Jahr 1997. Eine entscheidende Lücke in der Gesetzgebung, die den Jaichs damals zugute kam. „Wir sind von Behörde zu Behörde gelaufen“, erzählt der im schleswig-holsteinischen Arnis geborene Till, „nach einem Monat hatten wir die Genehmigung in der Tasche.“ Zwar werde ein Haus auf dem Wasser genauso erschlossen wie ein Haus an Land, betont der heutige Geschäftsführer weiter, aber für manches müsse eben doch eine besondere Lösung her. Frostfreie Wasserleitungen, spezielle Abwasserdruckpumpen und eine eigene Heizzentrale sind nur einige der Hürden, die es zu nehmen gilt. Die Jaichs nahmen sie und 1998 wurde das erste Haus zu Wasser gelassen. Seither trägt die Bucht auch ihren Namen: „Im Jaich“

Bei der zweiten Generation der schwimmenden Häuser lagen die Hürden deutlich höher. „Jetzt sind es auch im juristischen Sinne Häuser“, sagt Jaich. Allein das Raumordnungsverfahren und die Umweltverträglichkeitsprüfung füllten ganze Aktenordner. So sei etwa in einem speziellen Monitoring-Verfahren ein Jahr lang das Verhalten der heimischen Brut- und Rastvögel kartiert worden.

Doch damit nicht genug: Auch die Frage, wie viele Häuser eigentlich noch verkraftbar sind, um Charme und Charakter der Anlage zu erhalten, beschäftigte die Jaichs. Animationen aus allen möglichen Blickwinkeln sollten helfen eine „Balance zwischen der hohen Nachfrage und der Exklusivität“ zu finden. Das Ergebnis gibt den Planern Recht und entschädigt für das fast fünfjährige Genehmigungsverfahren. Auch die neuen Pfahlhaussuiten, die seit 2011 im Hafen liegen, haben schon ihre „Fangemeinde“ gefunden, bestätigt der gebürtige Holsteiner Jaich.

Maritime Welt ist CO2-freie Zone

Mittlerweile sind die schwimmenden Häuser von Rügen über die Landesgrenzen hinaus begehrt. „Wir bauen ein Haus in acht Wochen“, erzählt Till nicht ohne stolz und führt Besucher gern durch die neue Konstruktionshalle direkt am Hafen. Hier wurden die maßgerechten Häuser auf betonummantelten Photons aus Kunststoff errichtet. Bullaugen verleihen ihnen maritimes Flair und große Glasfronten holen die Wasserwelt ins Wohnzimmer. Innen sind die jeweils 49 und 71 Quadratmeter großen Häuser behaglich im Ikea-Stil eingerichtet und vermitteln ein nordisch-skandinavisches Ambiente.

„Insgesamt erwachsener geworden“, sei die zweite Generation der Häuser, resümiert Till Jaich. Etwas geräumiger, dazu besser wärmegedämmt und der Fußboden besteht aus Eiche. Nicht zuletzt sei die maritime Welt „Im Jaich“ seit Frühjahr 2010 CO2-freie Zone. Solarthermie verbunden mit einem Rapsöl befeuerten Blockheizkraftwerk versorgen die Wasserheime, bestätigt der agile Geschäftsführer und spaziert gelassen den 150 Metern langen Steg entlang. Aus der Ferne ist das zerberstende Eis in der Fahrrinne zu hören, eine Entenfamilie watschelt übers Eis – Winter-Idylle am Bodden und in den Häusern regiert das kreative Schaffen.

Mehr Information
Im Jaich
Am Yachthafen 1
18581 Putbus
Tel: 03 83 01 / 8 09-0
www.im-jaich.de

Tourismuszentrale Rügen
Bahnhofstr. 15
18528 Bergen auf Rügen
Tel: 0 38 38 / 80 77-50
www.ruegen.de