Archiv der Kategorie: Specials

Beaufort oder das Warten auf den Wind

Absegeln steht für das Ende einer Segelsaison, doch meist ist es auch verknüpft mit der Hoffnung auf ein besonderes Segelerlebnis vor der langen Winterpause.

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Was wiird der Tag bringen, zwischen Hoffen und Bangen beim Frühstück

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Die Rapannte im Heimatfafen von Missunde

Noch einmal aufs Wasser, hinaus auf die Ostsee, vielleicht bis in die dänische Südsee, bevor die Rapannte an Land geht. Das war unser Wunsch. Es kam anders. Als wir in Missunde an unserem Liegeplatz  in der Schlei ankamen, herrschte Flaute. An Segeln auf der Ostsee war nicht zu denken. Wäre da nicht diese unverbrüchliche Hoffnung, die in jedem Segler schlummert. Die Hoffnung, dass der Wind doch noch auffrischt und wenn es auch nur für kurze Zeit ist. Wir hofften. Auf den nächsten Tag. Auf ein paar Beaufort.

 Der letzte Törn

Und tatsächlich: Als wir nach dem Frühstück Kurs nahmen gen Osten Richtung Schleimünde, kräuselte erst sanft die Wasseroberfläche, dann huschten nach und nach Böen über die Schlei. Zeit zum Hissen des Großsegels und der Fock. Dann war er da, dieser einmalige Moment, für den jeder Segler so manches auf sich nimmt: Der Motor verstummt, Stille, nur das Geräusch des Bugs, wie er durch das Wasser treibt, das Schiff kränkt leicht und der halbe Wind aus Nordwest lässt die Rapannte zweieinhalb Knoten machen.

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Es tut sich was, der Motor ist aus, der Wind übernimmt …

Immerhin kamen wir so bis kurz vor Kappeln und waren glücklich. Auch wenn am nächsten Tag nur noch wenig Wind die Segel straffen konnte, hatte es sich gelohnt. Jetzt konnten wir die Rapannte klar machen fürs Winterlager. Bei strömendem Regen hing unser Segelschiff am Kran und zeigte sein Unterschiff, uberwuchert von Muscheln und Algen.

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Nach sechs Monaten im Wasser hängt sie am Kran, die Rapannte

Das verhieß jede Menge Arbeit. Abgekärchert und auf Böcken am Winterplatz stationiert machten wir uns ans Werk. Jede einzelne Muschel schabten wir ab, schliffen nochmal fein darüber hinweg und erledigten alle notwendigen weiteren Arbeiten an Bord bis wir die Rapannte mit einer riesigen Plane verhüllen konnten.

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Viel zu tun bis alles gesäubert ist ….

Kärchern und Schaben

Ein bisschen wie ein Kunstwerk, Christo lässt grüßen. Fest verzurrt und alle Seile stramm verknotet war  unsere Segelyacht nun bereit für den Winterschlaf. Mindestens 6 Monate, eine Ewigkeit für uns Segler. Nur zu überstehen in dem Gedanken an das einzigartige Gefühl, wenn im Frühling das Boot wieder Kurs nehmen kann, am liebsten Richtung Dänemark. Dann wird das Zauberwort Ansegeln lauten

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Die letzten Verfeinerungen beim Vertäuen, jetzt ist die Rapannte ein kleines Kunstwerk

Rund um Rügen in sechs Tagen

Ein altes Holzboot, genug Seglerlatein und hilfsbereite Menschen – viel mehr braucht es nicht um in sechs Tagen Deutschlands größte Insel zu umsegeln.

Die Pomeranus II liegt gleichauf mit dem Leuchtturm von Cap Arkona, dem nördlichsten Zipfel Rügens. Glücksgefühle machen sich breit. Nur noch zwei Stunden über den Tromper Wiek, dann haben wir das Etappenziel – den Hafen von Glowe – erreicht. Plötzlich reißt mir eine heftige Windböe die Schot des Großsegels aus der Hand. Der Baum mit dem gesetzten Segel schlägt bedrohlich hin und her, die Wucht ist gewaltig. Es gilt kühlen Kopf zu bewahren. Sonst droht der Baum samt Segel aus der Mastnut zu brechen. Weiterlesen

Bootswerft Freest

Bootswerft Freest – mein Heimathafen an der Peenemündung. Ein altes Fischerdorf, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Unbedingt hinfahren und den besten Backfisch aller Zeiten probieren

Skipper

Der Skipper ist bereit für eine segelintensive Saison – doch leider spielte das Wetter erst im Spätsommer richtig mit. Dann war’s allerdings besonders schön

Romantisch

Die Sonnenuntergänge im Hafen waren immer wieder ein Erlebnis

Im Schilf

Die Pomeranus liegt im Schilfgras – im Sommer wuchert das Gras so sehr, dass die Pomeranus kaum noch zu sehen ist

Rasur an Bord

Rasieren an Bord – kein Problem, denn ein Top-Spiegel ziert die Innentür des Kleiderschranks der Kajüte

 

Segel klar machen

Bei herrlich blauem Himmel und guter Windstärke nehmen wir Kurs auf Rügen

Auf Kurs

Die Tour läuft ganz nach Plan, die Seekarte und der Kompass weisen den Weg

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Auf See mit leichter Krängung und 3,6 Knoten Fahrt

Der Trompeter

Das Highlight der Tour: Mathis packt seine Trompete aus und spielt ….

Matthis Trompete

Das klappt schon richtig gut und üben auf See ist allemal schöner als im Wohnzimmer daheim

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Die Crew von manchem vorbei fahrenden Schiff war tief beeindruckt – Applaus, Applaus

Matthis am Ruder

Aber Mathis hat auch Talent fürs Segeln, seinen Job am Ruder erledigte er sehr zuverlässig

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Im Hafen von Gager gönnen wir uns einen Landspaziergang

Frühstück in Thissow

Am Morgen in Thissow stärken wir uns beim Frühstück für die gut 6-stündige Rückfahrt nach Freest

Ferne Kulturen zieren heimische Türen

In 6. Generation stellt die Kunsttischlerei Roloff die berühmten Darßer Türen her – ganz nach alter Überlieferung. Doch auch moderne Einflüsse prägen die Kunst der Türmanufaktur. Ein Werkstattbesuch.

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Tür aus dem Jahr 1931, als die Darßer Türenmanufaktur wieder belebt wurde

Es riecht nach Holz, nach antiken Schränken, Holzspänen, Farbe und viel Handarbeit. Etwas verstohlen empfängt René Roloff seine Gäste, sein jüngerer Bruder Dirk bleibt am Eingang stehen. Dann legt der gelernte Tischlermeister, Holzbildhauer und Restaurator los. Er spricht von der Darßer Kultur und davon, dass sie unbedingt erhalten bleiben muss. Ein Gebilde für sich, etwas ganz eigenes, so nennt er seine kleine Halbinsel – den Darß. Das wohl bekannteste Symbol jenes Gebildes sind seine Türen, die man vornehmlich in der Ortschaft Prerow antrifft.

Der Darß – jene kleine Halbinsel an der Ostseeküste im Verbund mit Fischland und Zingst – über lange Zeit ließ seine geographische Lage wenig Austausch zu. Doch seit die Darßer im 18. Jahrhundert in ferne Meere aufbrachen, ja bis nach China und Japan segelten, wurden sie welterfahrener und wussten, dass es jenseits ihres Horizontes noch jede Menge weiterer kultureller Schätze zu entdecken gibt. Auch wenn die Zeit ihres Aufbruchs zu anderen Kulturen nur rund zehn Jahre andauerte, sind heute die Türen ein Zeugnis jener Zeit. Sie spiegeln die Eindrücke ihrer Reisen wider: „Man war stolz darauf erfolgreich zur See gefahren zu sein”, sagt René Roloff. „Dies hat man auch zeigen wollen.” Zugleich dokumentieren die Türen auch die tiefe Verwurzelung mit der Heimat. Die Landschaft, das bäuerliche Leben und die maritimen Symbole – auch sie prägen die Motive ihrer Haustüren.
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Eigentlich wurde die Kunst der Türmanufaktur erst 1931 wiederbelebt. Es war der damalige Bürgermeister, der die alte Darßer Tradition wieder zum Leben erweckte, erzählt Roloff. Er setzte durch, dass ein Haus mit Rohrdach erbaut und mit einer typischen Darßer Tür geziert wird. Damals war es das Gemeindeamt, die heutige Kurverwaltung. Es war die erste Tür im 20. Jahrhundert und gleichzeitig der Anfang vieler weiterer. Denn: „Wenn der Bürgermister das gut findet, kann es nicht so schlecht sein“, dachten wohl die Darßer.

Inzwischen sind es über 150 solcher Türen, die überwiegend aus der Manufaktur der Roloffs stammen. Und sie sind keineswegs nur als dekorativer Schmuck gedacht, wie Tischlermeister Roloff erklärt. „Ein gewisser Aberglaube schwingt immer mit.“ Zunächst einmal soll die Tür einladend und freundlich wirken, die Sonne ist daher als Motiv oft mit dabei. Häufig ist auch ein Kreuz als Motiv in der Tür vertreten.

Roloff bei der Arbeit

Roloff bei der Arbeit

„Es schützt die Kühe davor, behext zu werden“, erklärt der Werkstattchef. Schutz gegen alles mögliche sei ein durchgängiges Motiv, weiß Roloff. So bedeutet ein Sockel mit einem Schuppenmuster und nach oben zeigenden Spitzen die Abwehr gegen Blitzeinschlag. Auch sind Lebensbaummotive aus Tulpen ein gerne verwendetes Symbol.

Und wie muss das Haus beschaffen sein, damit das Design der Tür auch richtig komponiert wird? Die Beschaffenheit der Fassade, die Himmelsrichtung der Tür, Wetter oder Meeresseite – all das gilt es zu beachten, damit der hohe Anspruch auch erfüllt werden kann: „100 Jahr soll die Tür halten“, erklärt Roloff.

Und das nicht nur auf dem Darß. Die Hälfte seiner Kunden stammen mittlerweile aus ganz Deutschland und Österreich, erzählt der Meister. Natürlich muss hier etwas passendes angefertigt werden. „Wir verpflanzen nicht einfach eine Darßer Tür nach Baden-Württemberg“, sagt Roloff. Andere Lösungen, bei denen die Hausherren oft ihre eigenen Vorschläge mit einbringen, gebe es immer, versichert der Fachmann. So liegt es auch am Export, dass man nicht bei den alten Motiven verharrt und immer wieder neue Ideen einfließen und verarbeitet werden. Motive aus der Jetztzeit: So tauchenetwa Kraniche auf, auch Fische sind heute wieder salonfähig, früher passten sie nicht zum sozialen Status. Selbst humorvolle Varianten prägen die Motivwelt, wenn etwa die Biene auf der Blüte sitzt.

Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf

Der Katalog führt alle möglichen Designvarianten auf

Der sympathische Restaurator ist nach den vielen Erzählungen rund um sein Gewerbe ganz in seinem Element. Er spürt mit jeder Frage seiner Besucher, wie außergewöhnlich sein Handwerk ist. Dabei war es gar nicht sein erster Berufswunsch, gesteht Roloff ein. Eigentlich wollte er Architektur und Kunst studieren, ging dann aber drei Jahr zur Armee und am Ende hat es sich einfach so ergeben, sagt Roloff mit einem Lächeln in die Runde. Viele Möglichkeiten gibt es auf dem Darß ja sonst auch nicht.

Mehr Information

Dauer der Anfertigung: 12 bis 16 Wochen von Auftragserteilung bis zur Fertigstellung
Preis: Je nach Aufwand: von 3.500 bis 10.000 Euro
Ein gibt einen Motivkatalog, aus dem man wählen kann

Kontakt
Kunsttischlerei Roloff GbR:
Lange Str. 30
18375 Ostseebad Prerow
Telefon: 038233 465
E-Mail: kontakt@kunsttischlerei-roloff.de
kunsttischlerei-roloff.de

Museum mal anders: In Dublin erzählen die Bewohner ihre Stadtgeschichte selbst

Adam

Adam bereitet die Gruppe vor – auf seine Art …

Besucher aus sechs Nationen und zwei Dubliner sind schon gespannt auf die Führung durch den ersten Stock des „Little Museum of Dublin„. Gerade erst hat Guide Adam die rund 30 Teilnehmer ganz unkonventionell gefragt, woher sie denn eigentlich stammen – USA, Taiwan, China, Italien, England und Deutschland sind heute mit dabei.

„There is no room for politeness“, ruft er den Zuhörern entgegen und spätestens jetzt ist klar, dass diese Führung tatsächlich etwas anderes ist als Touristen dies sonst von Museen her kennen. Lebendig, schrill, auffordernd und hochgradig interaktiv – so versteht der ehemalige Theatermanager seinen Job als Guide. Und er rüttelt jeden wach, eben auch die vielen aus Übersee, die bisher eher wenig von der Geschichte Dublins und Irlands wissen.

Denn das erklärte Ziel des Museums vis-á-vis des St. Stephens Green Park ist: Die Geschichte der irischen Hauptstadt im 20. Jahrhundert zu erzählen. Nicht einfach so, sondern mit Hilfe von Exponaten der Dubliner Bevölkerung selbst. Sie liefern die Geschichten für die Geschichte der Stadt. Und Adam geleitet durch die Dekaden und ihre Ereignisse.

Eingang

Eingangsportal des Museums gegenüber von St. Stephens Green

Von der ersten englischen Ausgabe von James Joyce’s Ulysees aus dem Jahr 1904, über ein Foto von Kindern der Henrietta Street aus dem jahr 1911, das die beengten Lebensverhältnisse der 835 Menschen in 15 Häusern zeigt, bis hin zur Kunst des Dubliners Jim Fitzpatrick, der das legendäre Che Guevara Porträt erschuf.

Besucher

Auch Dubliner lieben die Führungen …

Der 20-minütige Rundgang durch die beiden erhabenen Kaminräume hat es in sich. Vermittelt werden nicht nur historische Ereignisse und Anlässe, sondern all die Kuriosiäten und skurillen Nebengeschichten öffnen den Blick für die besondere Mentalität der Dubliner.
Rührendes gibt es zu sehen und zu hören, wie die Postkarte von Samuel Beckett an einen kleinen Jungen, der in demselben Haus lebt, in dem der Autor seine Kindheit verbrachte. „Wenn Du meinen Geist in dem Haus antreffen solltest, bestell ihm einen Gruß von mir“, schrieb er dem Jungen.

Verrücktes findet natürlich zuhauf statt – wie das Wappen der 1000-Jahr Feier Dublins im Jahr 1988. Jenes Milennium, das von den Bewohnern der irischen Hauptstadt viel zu spät erkannt und organisiert wurde, getreu ihrer Haltung, Zeit ist ohnehin dehnbar und der Schöpfer hat genug davon gemacht. Auch der Celtic Tiger findet im Little Museum seinen Platz. Es ist die Zeit in den 1990er Jahren als die Stadt am Liffey einen ungeheuren Aufschwung erfuhr und das Stadtbild veränderte.

Stephens Green

Der Park St. Stephens Green im Herbstlicht

Nach der Führung will man mehr, und kriegt es auch. Denn auch im zweiten Stock des gregorianischen Hauses ist Kultur made of Dublin zu sehen – hier sieht man die Geschichte der Pop-Band U2 in beeindruckenden Bildern und die legendäre Irish Times gibt Einblicke in ihre Sicht der Stadt. Beim Café im Basement fragt sich der Besucher allerdings, wie sich all das erhellende und faszinierende nun finanzieren lässt.

Es sind Geschenke, Spenden und Sponsoring, die das Museium seit der Gründung vor vier Jahren über Wasser halten. Getragen von dem Engagement seiner Bürger, die allzu gern dazu beitragen, ein authentisches Bild ihrer Hauptstadt zu vermitteln. Wichtig ist Kurator Simon O’Connor, dass sein Museum weiter wächst. Hierzu lädt er alle Freunde seines Projekts dazu ein, ihre Eindrücke auf TripAdvisor, Facebook etc. zu teilen.