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Einmal Rab, immer Rab – nur ein Spruch von Fans?

Viele Besucher kehren immer wieder. Selbst wenn sie schon mit ihren Eltern Jahr für Jahr auf der Insel waren, setzen sie diese Tradition fort und geben sie an ihre Kinder weiter. Warum ist das so? Was macht Rab so besonders? Versuch einer Annäherung.

Wir reisen erst zum zweiten Mal auf die Insel, mit der Fähre von Stinica nach Misnjak, in knapp 20 Minuten erreichen wir unser Ziel und selbst die Fähre um 22 Uhr ist an diesem lauschigen Juniabend noch sehr gut besetzt. Sobald das Schiff angelegt hat, preschen die Autos, Busse, Wagen mit Bootsanhägern aus dem Bauch des Fährdampfers auf die Insel, hin zu ihren individuellen Zielen. Wir werden von Mirjana erwartet. Eine kleine Ferienwohnung mit Terrasse, Garten und Pool soll die nächsten 10 Tage unser Zuhause sein. Trotz vorgerückter Stunde begrüßt uns Mirjana zusammen mit ihrem Mann liebevoll und herzlich, fragt nach dem Verlauf der Reise und geleitet uns zur Wohnung. „Vorsicht, hier kreuzen unsere Schildkröten den Weg“, sagt Mirjana schmunzelnd in gebrochenem Deutsch und zeigt auf eine kleine Schranke auf dem Weg in den Garten.

Kurz darauf stehen wir auf der Terrasse, die umgeben ist von einem Zitronenbaum und weiteren blühenden Pflanzen, in der Mitte ein Tisch mit zwei Sesseln und einer Bank, von wo der Blick direkt auf Garten und Pool wandert. Wir sind sprachlos. Der Anblick ist überwältigend. „Ein Hibiskustee wäre doch jetzt genau das richtige“, schlägt Mirjana vor und lässt uns erstmal allein mit unserem vorübergehenden Zuhause. Derweil inspizieren wir Küche, Schlafzimmer, Bad und was sich sonst noch findet in der ca. 55 Quadratmeter großen Wohnung. Jede Menge Details schmücken die Wohnung und zeigen, dass Mirjana ihre Ferienwohnungen (sie hat noch weitere in ihrem großen Haus) mit viel Sinn für Gestaltung und Dekoration ausgestattet hat – wir sind begeistert und entdecken mehr: Eine hervorragende Matratze, ein kuscheliges Bad mit Naturfliesen – rundum eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Keine 10 Minuten später erscheint Mirjana mt einem Tablett, auf dem sie uns Tee mit Honig, Nüsse und Pätzchen anbietet. Ihre warme herzliche Art gibt uns gleich das Gefühl, schon immer hier Zuhause gewesen zu sein. „Morgen um 11 Uhr erzähle ich Euch mehr“, sagt Mirjana, die auf der Insel geboren wurde, und verabschiedet sich mit einem Gute Nacht.

Nach der Einführung durch Mirjana ist die Landkarte der Insel voll mit Hinweiskreutzchen. „Dieser Weg ist wunderschön, dort kann man gut essen, das ist meine Lieblingsbucht“, zählte unsere Gastgeberin all die Highlights ihrer Insel auf, nein, sie legte sie uns ans Herz. Man spürte, wie wichtig es ihr war, dass wir möglichst viele Eindrücke von der Insel sammeln und mitnehmen können. Und vielleicht zu denjenigen gehören werden, die irgendwann sagen werden: Einmal Rab, immer Rab. Dass uns die Insel anzog, hatten wir ja schon bei unserem ersten Besuch vor fünf Jahren erfahren, doch uns fehlte damals die Lust zu entdecken, wir wollten einfach ausspannen. Und: es gab niemanden wie Mirjana, die uns mit wertvollen Tipps versorgte.

Keine Frage, die Insel ist schön und äußerst abwechslungsreich: der morgendliche Gang zum Steg mit dem ersten Bad in der Adria, die Entdeckung traumhafter Buchten mit einladendem türkisblauem Wasser, der Blick zu den Segelbooten auf ihrem Törns durchs Revier der Kvarner Bucht, der Besuch eines verwunschenen kleinen Restaurants mit köstlichen einheimischen Speisen oder die Strandpromenade, die unterhalb der Altstadt von Rab Stadt beginnt und bei der Sandbank beim Kloster der heiligen Euphemia endet. Die Liste all der sehenswerten Orte und Stätten ließe sich unendlich weit fortsetzen, doch dies allein klärt nicht das Geheimnis von Rab und beantwortet vor allem nicht die Frage, warum es viele Besucher jahrein, jahraus auf dieses Eiland zieht.

Am besten erklärt es wohl ein typischer Tagesablauf, wie er sicher von vielen Besuchern so oder ähnlich gelebt wird: Nach Sonnenbaden, Standup Paddling oder der Lektüre eines Buches beim Dauergrillen der Zirpen in einer der unzählig malerisch schönen Buchten, nimmt man das Wassertaxi für 3 Euro pro Person und fährt in die Hauptstadt Rab, flaniert durch die engen Gassen, nimmt einen Eiscafé, beobachtet das rege Treiben und landet irgendwann in einem der vielen Restaurants, wo sich bei frisch zubreitetem Fisch und heimischem Weißwein der Tag beim Sunset ausklingen lässt.

Bei der Rückfahrt starrt man auf die entgegenkommende Fähre und freut sich darauf, bald wiederzukokmmen

Ja, es ist diese Mischung aus beeindruckender Natur mit viel Spaß an Land wie auf dem Wasser, jeder Menge Kultur und historischer Architektur, einem Hauch Stadtleben mit Shopping und Verwöhnprogramm und das alles immer sehr bodenständig, nicht abgehoben, kein Jet Set, eher unaufgeregt und nie in Massen. Und das besondere: man hat das Gefühl, Teil des ganzen zu sein. Nicht nur ein Gast, der bald wieder geht. Oder um es mit Mirjanas Worten zu sagen: „Ich möchte gerne etwas mitbekommen von meinen Gästen, nicht nur deren An- und Abreise“, und dafür tut sie sehr viel und das seit mehr als 50 Jahren. Einmal Rab, immer Rab – daran hat sie großen Anteil.

El Hierro: Am Ende der alten Welt

Lag sie einst vergessen im Atlantik, mutiert die westlichste Kanareninsel immer mehr zum Paradies für Individualtouristen. Auch wenn El Hierro auf den Zug der Zeit aufgesprungen ist, ist ihr charakteristischer Charme ganz unverfälscht geblieben.

Auf der Küstenstraße westwärts Richtung La Dehesa erstrecken sich die Lava-Felder endlos weit. Hier Schlackenlava, die schroff hinunter ans Meer abfällt, dort Stricklava, deren außergewöhnliche Formen an Tauseile erinnern. Am Ende des Lava-Feldes hält der Faro de Ochilla seine Stellung. „Nicht irgendein Leuchtturm“, meint Aminata, die Deutsche Reiseführerin. „Dieser markierte bis Ende des 19. Jahrhunderts den Nullmeridian, das Ende der Alten Welt.“ Weiterlesen

Hiiuma: Die Insel der Frauen

Frauenpower – auf der estnischen Insel spielen Männer keine Rolle

Sie lässt sich Zeit mit der Antwort. Kurz schweift ihr Blick zu der Gruppe Birken am Wegesrand hinüber, die Stirn legt sich langsam in Falten, um den Mund macht sich ein Lächeln breit, ein verschmitztes Lächeln. Und die passenden Worte folgen prompt: „Sagen wir 64 und ein bisschen mehr“, beantwortet sie die Frage nach ihrem Alter mit dieser Mischung aus skurril und lakonisch, die an Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki erinnert. Bis zu den Finnen ist es ja nicht weit – 80 Kilometer über den finnischen Meerbusen. Eng verwandt ist die eigene Sprache mit dem Finnischen ohnehin. Eigentlich ist Anu-Maie Jõgi schon über 70, aber wen interessiert das schon?

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Junge Estinnen auf Hiiumaa pflegen die Folklore

Auf Hiiumaa, der zweitgrößten von drei Inseln, etwa 22 Kilometer westlich vor Estlands Küste gelegen, leben 12000 Menschen. Sie nutzen ihre wieder gewonnene Freiheit und sprießen vor Ideen und Tatendrang. Auch Frau Jõgi hat eine Idee gewinnbringend weiterentwickelt. Sie stellt Konfitüre aus Karotten, Orangen, Hagebutten und Waldkräutern her und verkauft sie auf der Insel und in Supermärkten auf dem Festland. Vor 15 Jahren, kurz nach der estnischen Unabhängigkeit, erfand sie ihre spezielle Rezeptur. Wie damals zieht sie auch heute durch die Wälder der Insel und pflückt ihre Zutaten selbst. Pihla Thalu heißt Frau Jõgis alter Bauernhof, der inmitten des Waldes liegt. Vor dem Haus sind die Tische üppig gedeckt. Frühstücksgäste probieren Marmeladen und frischgebackenes Brot, aber auch winzige Schollen, die in ihrer Form der Insel gleichen. „Manche sehen in Hiiumaa die Form eines Kreuzes“, sagt die einstige Top-Langläuferin im Orientierungslauf, andere meinen, sie habe die „Form eines Vogels mit einem langen Hals, der gerade zur Landung ansetzt“. Die Estin lässt offen, wie sie das sieht. Aber an die Legende, dass der Name Hiiumaa vom Wort „hiiud“ – Riesen, Helden – abstammt, daran glaubt sie ganz fest, es ist ihre „Insel der Riesen“.

„Hiiumaa ist auch die Insel der Frauen“, sagt Urve Merendi, die als Reiseleiterin jeden Winkel ihres Eilands kennt. „Die Männer arbeiten auf dem Festland, fahren zur See oder haben neuerdings Jobs in Irland.“ Das habe Tradition, sagt Frau Merendi, deren Urgroßvater mit einer Deutschen verheiratet war. Ein Indiz für die lange Fremdherrschaft – mal wehte über Estland die dänische, schwedische, russische oder eben deutsche Flagge. Die Frauen kamen auf der Insel meist ohne die Männer aus, ob beim Folkloretanz, in den Fischereien, bei der Kindererziehung oder in der Gastronomie: Wie Margit Kääramees, die seit 13 Jahren auf ihrem Bauernhof „Mäeotsa“ in der Nähe des Ortes Orjaku mehrere Zimmer und ein kleines Landhaus anbietet.


In dem großen Garten unter knorrigen alten Laubbäumen steht ein langer Holztisch mit regionalen Köstlichkeiten: Fischsuppe, Brot, Käse, selbst gebackener Kuchen. „Wir lieben unsere Gäste“, sagt die agile Gastgeberin, und wie in Estland üblich spielen Position und Bankkonto der Gäste keine Rolle, alle werden gleich freundlich behandelt, ob Manager oder Arbeiter. Ihre Gäste kommen aus Schweden, Finnland, England, aus Deutschland und vom Festland. Kein Wunder, denn so abgelegen der Ort auch scheint, so modern vernetzt ist Frau Kääramees – dem Internet sei Dank. Wie die meisten ihrer Landsleute: Jedes noch so kleine Unternehmen, jede Unterkunft – alle sind über Google zu finden, bestätigt Urve Estlands Ruf als führendes Hightech-Land.

Von der Halbinsel Kassari aus, das die Insulaner auch „unser Mallorca“ nennen, „weil das Wasser wärmer und der Himmel blauer ist“, erklärt Inselguide Urve, führt die Straße an der mit Schilfgras übersäten und von zahllosen Vogelarten bevölkerten Bucht von Käina entlang nach Süden Richtung Emmaste.

Weiter endlos lang durch dichten Kiefernwald zum westlichen Zipfel der Insel nach Kõpu. 60 Prozent von Hiiumaa sind mit Kiefer-, Laub- und Fichtenwäldern bedeckt – es ist die waldreichste Region Estlands. Kein Wunder, dass sich hier die Tierwelt heimisch fühlt. Einen Bären haben sie zwar nicht mehr, dafür einen Wolf, 250 Elche, 200 Rothirsche, zahlreiche Luchse und Hunderte von Rehen und Wildschweinen. Von Kõpu aus führt kein Weg am 500 Jahre alten Leuchtturm vorbei, dem drittältesten noch betriebenen weltweit und zugleich Symbol der Insel. Wie eine beleibte Dame mit einem roten Zopf und glitzernden Augen sieht der Turm von weitem aus. „Das Meer ist hier sehr niedrig, die Schiffe laufen Gefahr zu stranden“, weiß Urve aus vielen Seemanns-Geschichten, die um den auf einem 68 Meter hohen Hügel thronenden Leuchtturm ranken.


Nahe der Ortschaft Vaemla steht ein langes weißes Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert – Sitz des Familienunternehmens Hiiu Vill. Hier taucht man ein in eine andere Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Über 100 Jahre alte Maschinen, die Wolle in Garn umwandeln, prägen den langen Raum, an dessen Ende ein kleines Podest mit Ehrungen und Insignien aus der Sowjetzeit thront. Seit 1992 betreiben Tiiu und Jüri Valdma ihre Spinnerei, 25 bis 30 Kilogramm Garn stellen sie täglich her. Jüri ist stolz auf die Maschinen. Viel reden tut er nicht, er hat dieses Hiiuma-Lächeln, vieldeutig und anziehend zugleich. So wie seine Frau, die im Laden nebenan Strickjacken, Wollsocken und -handschuhe sowie andere Wollprodukte verkauft. Fast alles selbst entworfen, denn Tiiu ist eine Künstlerin, so wie die meisten Frauen auf Hiiumaa.

 Mehr Information
www.visitestonia.com, www.hiiumaa.ee

Übernachtung:
Pihla Bauernhof, preiswerte Ferienwohnungen mit selbstgebackenem Kuchen und exzellenter Konfitüre
www.pihlatalu.ee,

Mäeotsa Bauernhof bei Frau Kääramees, ein Cottage für fünf Personen und weitere Zimmer, 20 Euro pro Person mit Frühstück
maeotsa.maaturism.ee,