Archiv des Autors: Markus Howest

Grenada: Muskat, Rum und eine Münchnerin

Sie gehört zur südlichen Gruppe der kleine Antillen, liegt nördlich der venezolanischen Küste und so mancher verbindet sie mit der Invasion der US-Marines in der 1980er Jahren. Heute ist die karibische Insel ein Paradies für Touristen, die auf der Suche nach dem ganz besonderen Spirit sind. Auf Grenada werden sie fündig.

An jenem Donnerstag vor 19 Jahren hätte sie am liebsten alles wieder rückgängig gemacht. Doch der Weg zurück war kaum noch möglich. Zuhause hatten Andrea Gerstmann und ihr Mann alle Brücken abgebrochen. Also blieben sie in Grenada, auch wenn 85 Prozent aller Gebäude auf der Insel beschädigt, und die Infrastruktur des Landes verwüstet war. Kurz nach dem Hurrikan Ivan, der am 7. September 2004 über die Antilleninsel hinwegfegte und ein Chaos hinterließ.

„Die Einwanderungsbehörde war zerstört“, erinnert sich Andrea Gerstmann. An eine geregelte Einreise war nicht zu denken. Und trotzdem gab es da etwas in den beiden Auswanderern, das ihnen sagte: „Macht weiter, es kann nur besser werden.“ Und so kam es auch. Heute leben die beiden auf der kleinen Nachbarinsel, Carriacou, in ihrem eigenen Häuschen direkt am Meer, sind bei der heimischen Bevölkerung hoch angesehen und haben den Schritt, in die Karibik auszuwandern keinen Tag bereut. „Ich wollte schon immer am Wasser leben, heute nehme ich jeden Tag ein Bad im Meer“, schwärmt die 65-Jährige und schneidet weiter das Gemüse für die Touristen an Bord des gecharterten Katamaran. Ein Job, für den sie sich gelegentlich als Köchin anheuern lässt. Sie freut sich dann besonders über deutsche Gäste. Ein „Servus“ erinnert sie an ihre Heimat München, dann wird es wach – das Heimweh. „Vor allem nach der Kultur“, sagt sie.

Zwar hat sie auf dem Archipel keine Pinakothek, keinen Opernsaal, kein Kabarett oder Theater in der Nähe, aber sie hat die Natur und die Menschen. Und das spürt der Insel-Besucher auf Schritt und Tritt, wenn er das kleine 33 x 19 km große Eiland erforscht. Ob an den einsam gelegenen Palmen gesäumten Stränden mit feinem weißen Sand, dem Regenwald mit seiner Dichte tropischer Pflanzen oder an den alten Produktionsstätten für Muskat, Kakao oder Rum – überall wird der Gast mit fröhlicher Neugier empfangen.

Der Katamaran ankert in einer kleinen Bucht, Schnorchel, Flossen und Unterwasserkamera werden klar gemacht und schon lässt sich die vierköpfige Gruppe ins warme karibische Meerwasser gleiten. Auf der Suche nach den Unterwasserkunstwerken des Briten Jason deCaires Taylor, die hier in der Moliniere Bay vor der Küste im Nordwesten der Insel zu bewundern sind. Insgesamt 65 Figuren verteilt auf einer Fläche von 800 Quadratmetern. „Man kann sie von der Wasseroberfläche aus gut sehen“, sagt Andrea Gerstmann. „Denkt dran, es sind nicht nur um Kunstobjekte“, hatte Skipper Garnet Williams den Tauchern mit auf den Weg gegeben. Ihm ist es wichtig, das die Underwater Art dazu beiträgt, das marine Ökosystem wieder herzustellen. Meerestiere und -pflanzen können sich auf den Skulpturen absetzen – so soll neues marines Leben entstehen, hofft der Skipper. Nach und nach kehren die Schnorchler zurück. Sie sind sprachlos und glücklich zugleich. Die Eindrücke waren noch überwältigender, als Ihnen Skipper und Köchin im Vorfeld erzählt hatten.

Red Snapper wird an der Straße zubereitet

Jetzt wäre Zeit für frischen Fisch und Salat. Essen und Trinken stehen bei den Einwohnern von Grenada ohnehin ganz oben auf der Liste. Die kreolisch geprägte Küche mit ihren Feinheiten ist in jedem noch so kleinen Restaurant zu genießen. „Einfach, gemüsereich und gesund“ schwärmt Garnet in höchsten Tönen.

Doch bevor eine Mahlzeit winkt, wird die Insel vulkanischen Ursprungs per Bus erkundet. Es geht hinauf ins Innere der Insel, wo unterhalb des 840 Meter hohen Mount Saint Catherine zahlreiche kleine Flüsse entspringen und Wasserfälle sprudeln. Die serpentinenreiche Straße ist gespickt mit arbeitenden Menschen, die die Straßenchaussee säubern und neu bepflanzen. „Ein staatliches Programm um Arbeitslose zu beschäftigen“ sagt Roger, der Busfahrer und Guide in einer Person. Er scheint ohnehin jeden auf der Insel zu kennen. Er wechselt ein paar Worte mit Fischern am Straßenrand, die gerade einen Red Snapper ausnehmen und für den Verkauf an der befahrenen Straße präparieren. Oder bei Charlies Bar, wo ein Besuch Pflicht ist. Denn Charlie führt nicht nur eine Bar, er hat vis-a-vis ein riesiges Kunstwerk aus Reifen entworfen. Gestrichen in den Nationalfarben des Landes und versehen mit Sprüchen, die liebevoll den Inselstaat charakterisieren.

Schokoladenprobe

Nach dem Bezirk Saint Patrick nähern wir uns Saint Andrew, der sogenannten „Foodbasket“ der Insel, wie sie Roger nennt. Die Kornkammer Grenadas, nur, dass das Korn die vielen tropischen Früchte sind, hinzu kommen Zuckerrohr und Muskat, das Hauptexportprodukt Grenadas und Symbol der Landwirtschaft des Archipels. Außerdem gedeihen Zimt, Gewürznelken, Ingwer und nicht zu vergessen – die Kakaobohne. Zu Besuch in einer der ältesten Kakao und Schokoladenfarmen der Landes: In kleinen Schalen kann jeder seinen Gaumen testen, welcher Kakaoanteil der richtige für ihn ist, bis 100 Prozent Kakaoanteil reicht das Angebot. Versetzt mit Ingwer oder Muskat ergibt sich eine ganz eigenwillige Geschmacksrichtung. Es ist eine kleine Fabrik, mit überschaubarem Volumen, aber auch hier wie überall auf dem Eiland: die Menschen wirken glücklich, sind stolz auf ihre Arbeit und freuen sich über das Interesse der europäischen Gäste.

Auf der Weiterfahrt kommen uns Männer mit Macheten entgegen. Sie gehen am Wegesrand entlang, erschöpft von der langen Arbeit auf dem Zuckerrohrfeld. Schon früh in den Morgenstunden hat ihr Job begonnen, jetzt freuen sie sich auf ein Mittagessen. „Mancher Tourist, der unterwegs ist zu den berühmten Wasserfällen im Inselinnern erschrickt, wenn er die Macheten-Männer sieht – sie flößen ihnen Angst ein“, sagt Roger und lenkt schon kurz darauf die Aufmerksamkeit auf einen ganz besonderen Ort. La Sagesse, laut Sunday Times eine der zehn schönsten Strände der Karibik. Und wirklich: Vor uns liegt eine Traumbucht samt Restaurant und 12 Cottages. Mike und Nancy Meranski kamen 1987 auf die Insel und suchten einen Ort, wo sie sich mit ihrer Tochter Julia niederlassen können. Hier fanden sie ihn.

Am Beach La Sagesse

Mike Meranski, der Hochschulprofessor für Kunstgeschichte aus Miami, der auch auf Grenada an der St. George’s University seine Lehrtätigkeit weiter ausübt, hat die Bucht zu einem Urlaubsidyll gemacht – ganz leise, authentisch und ohne Eingriffe in die natürliche Umgebung. Geradezu vorbildlich ist das kleine Paradies, Wer einmal hier war, möchte bleiben. Auch das rosafarbene Herrenhaus, das Lord Brownlow, ein Cousin von Queen Elisabeth in der Mitte der 1960er Jahre erwarb, ist wie ein Versuchung. Nach der US-Intervention von 1983 war es völlig verwahrlost und heruntergekommen. Mike hat es eigens wieder hergerichtet, einst ein altes koloniales Herrenhaus, heute das Domizil von Mike und seiner neuen Lebenspartnerin.

Als wir nach Rum-Destillerie und Muskatnussfabrik den Hafen von St. George erreichen, wollen wir zurück an Bord und bei reichlich Fisch und Rumpunsch alle Erlebnisse loswerden und Andrea sagen, wie richtig es doch war, ausgewandert zu sein. Mancher von uns würde ihr am liebsten nacheifern. Aber nicht jeder hat die Kraft sich in der Fremde durchzubeißen, erst recht nicht, wenn das vermeintliche Paradies vom Hurrikan verwüstet wurde.

Grenada im Überblick

  • Klima: mild tropisch maritim
  • Beste Reisezeit: Beste Zeit für einen Besuch auf Grenada ist während der Trockenzeit, also von Januar bis Mai. Zwar kann es auch dann regnen, insgesamt fällt aber deutlich weniger Niederschlag als während der Regenzeit (Juni bis Dezember).
  • Größe: 344 qkm (davon Hauptinsel 310 qkm)
  • Hauptstadt: St. George’s (etwa 34.000 Einwohner)
  • Landessprache: Englisch
  • Religion(en), Kirchen: überwiegend christlich (64% Katholiken, 22% Anglikaner, daneben Methodisten, Presbyterianer, Baptisten)
  • Staatsform / Regierungsform: Konstitutionelle Commonwealth-Monarchie, parlamentarische Demokratie
  • Unabhängigkeitsdatum: 7. Februar 1974

Einmal Rab, immer Rab – nur ein Spruch von Fans?

Viele Besucher kehren immer wieder. Selbst wenn sie schon mit ihren Eltern Jahr für Jahr auf der Insel waren, setzen sie diese Tradition fort und geben sie an ihre Kinder weiter. Warum ist das so? Was macht Rab so besonders? Versuch einer Annäherung.

Wir reisen erst zum zweiten Mal auf die Insel, mit der Fähre von Stinica nach Misnjak, in knapp 20 Minuten erreichen wir unser Ziel und selbst die Fähre um 22 Uhr ist an diesem lauschigen Juniabend noch sehr gut besetzt. Sobald das Schiff angelegt hat, preschen die Autos, Busse, Wagen mit Bootsanhägern aus dem Bauch des Fährdampfers auf die Insel, hin zu ihren individuellen Zielen. Wir werden von Mirjana erwartet. Eine kleine Ferienwohnung mit Terrasse, Garten und Pool soll die nächsten 10 Tage unser Zuhause sein. Trotz vorgerückter Stunde begrüßt uns Mirjana zusammen mit ihrem Mann liebevoll und herzlich, fragt nach dem Verlauf der Reise und geleitet uns zur Wohnung. „Vorsicht, hier kreuzen unsere Schildkröten den Weg“, sagt Mirjana schmunzelnd in gebrochenem Deutsch und zeigt auf eine kleine Schranke auf dem Weg in den Garten.

Kurz darauf stehen wir auf der Terrasse, die umgeben ist von einem Zitronenbaum und weiteren blühenden Pflanzen, in der Mitte ein Tisch mit zwei Sesseln und einer Bank, von wo der Blick direkt auf Garten und Pool wandert. Wir sind sprachlos. Der Anblick ist überwältigend. „Ein Hibiskustee wäre doch jetzt genau das richtige“, schlägt Mirjana vor und lässt uns erstmal allein mit unserem vorübergehenden Zuhause. Derweil inspizieren wir Küche, Schlafzimmer, Bad und was sich sonst noch findet in der ca. 55 Quadratmeter großen Wohnung. Jede Menge Details schmücken die Wohnung und zeigen, dass Mirjana ihre Ferienwohnungen (sie hat noch weitere in ihrem großen Haus) mit viel Sinn für Gestaltung und Dekoration ausgestattet hat – wir sind begeistert und entdecken mehr: Eine hervorragende Matratze, ein kuscheliges Bad mit Naturfliesen – rundum eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Keine 10 Minuten später erscheint Mirjana mt einem Tablett, auf dem sie uns Tee mit Honig, Nüsse und Pätzchen anbietet. Ihre warme herzliche Art gibt uns gleich das Gefühl, schon immer hier Zuhause gewesen zu sein. „Morgen um 11 Uhr erzähle ich Euch mehr“, sagt Mirjana, die auf der Insel geboren wurde, und verabschiedet sich mit einem Gute Nacht.

Nach der Einführung durch Mirjana ist die Landkarte der Insel voll mit Hinweiskreutzchen. „Dieser Weg ist wunderschön, dort kann man gut essen, das ist meine Lieblingsbucht“, zählte unsere Gastgeberin all die Highlights ihrer Insel auf, nein, sie legte sie uns ans Herz. Man spürte, wie wichtig es ihr war, dass wir möglichst viele Eindrücke von der Insel sammeln und mitnehmen können. Und vielleicht zu denjenigen gehören werden, die irgendwann sagen werden: Einmal Rab, immer Rab. Dass uns die Insel anzog, hatten wir ja schon bei unserem ersten Besuch vor fünf Jahren erfahren, doch uns fehlte damals die Lust zu entdecken, wir wollten einfach ausspannen. Und: es gab niemanden wie Mirjana, die uns mit wertvollen Tipps versorgte.

Keine Frage, die Insel ist schön und äußerst abwechslungsreich: der morgendliche Gang zum Steg mit dem ersten Bad in der Adria, die Entdeckung traumhafter Buchten mit einladendem türkisblauem Wasser, der Blick zu den Segelbooten auf ihrem Törns durchs Revier der Kvarner Bucht, der Besuch eines verwunschenen kleinen Restaurants mit köstlichen einheimischen Speisen oder die Strandpromenade, die unterhalb der Altstadt von Rab Stadt beginnt und bei der Sandbank beim Kloster der heiligen Euphemia endet. Die Liste all der sehenswerten Orte und Stätten ließe sich unendlich weit fortsetzen, doch dies allein klärt nicht das Geheimnis von Rab und beantwortet vor allem nicht die Frage, warum es viele Besucher jahrein, jahraus auf dieses Eiland zieht.

Am besten erklärt es wohl ein typischer Tagesablauf, wie er sicher von vielen Besuchern so oder ähnlich gelebt wird: Nach Sonnenbaden, Standup Paddling oder der Lektüre eines Buches beim Dauergrillen der Zirpen in einer der unzählig malerisch schönen Buchten, nimmt man das Wassertaxi für 3 Euro pro Person und fährt in die Hauptstadt Rab, flaniert durch die engen Gassen, nimmt einen Eiscafé, beobachtet das rege Treiben und landet irgendwann in einem der vielen Restaurants, wo sich bei frisch zubreitetem Fisch und heimischem Weißwein der Tag beim Sunset ausklingen lässt.

Bei der Rückfahrt starrt man auf die entgegenkommende Fähre und freut sich darauf, bald wiederzukokmmen

Ja, es ist diese Mischung aus beeindruckender Natur mit viel Spaß an Land wie auf dem Wasser, jeder Menge Kultur und historischer Architektur, einem Hauch Stadtleben mit Shopping und Verwöhnprogramm und das alles immer sehr bodenständig, nicht abgehoben, kein Jet Set, eher unaufgeregt und nie in Massen. Und das besondere: man hat das Gefühl, Teil des ganzen zu sein. Nicht nur ein Gast, der bald wieder geht. Oder um es mit Mirjanas Worten zu sagen: „Ich möchte gerne etwas mitbekommen von meinen Gästen, nicht nur deren An- und Abreise“, und dafür tut sie sehr viel und das seit mehr als 50 Jahren. Einmal Rab, immer Rab – daran hat sie großen Anteil.

Unbekannte Perle mit S-Bahn Anschluss

Von München aus keine 40 Kilometer Richtung Nordwesten entfernt liegt das kleine Städtchen Altomünster. Kein verschlafenes Nest weit ab vom Schuss. Nein, es bietet für Großstadtmüde alles, was das Leben lebenswert macht.

Immer im Juli findet das Marktfest statt.

Wer sich Altomünster mit dem Auto über die Landstraße nähert, sieht ihn schon von weitem: den Glockenturm von St. Alto und St. Brigitta mitten im Ort. Fast ein bisschen wie in Andalusien, wo die Kirchtürme auch von weitem erkennbar aus dem Umland herausragen. Nähert man sich dem Ortskern der oberbayerischen Gemeinde, fällt auf, dass es für die Größe eines Ortes von 8105 Einwohnern (Stand 31.12.2022) recht betriebsam zugeht. Der Marktplatz mit seinem markanten Brunnen bildet das Zentrum. Von hier aus ist man umgeben von viel Gastronomie. Da ist Massimo der Italiener mit seinen frischen Pasta und Pizzen, schräg gegenüber im Rathaus die Institution im Sommer – das Eiscafé Venezia da Gabriele, mit ausladender Terrasse, auf der sich im Sommer nur schwer ein Plätzchen finden lässt.

Nur wenige Meter weiter und mit Tischen bis zum Brunnen liegt das Barwerk, das für den kleinen Hunger und für Nachtschwärmer eine beliebte Anlaufstelle ist, bis weit nach Mitternacht. Besonders in lauen Sommernächten, wenn die Glocke des Kirchturms läutet, ist es ein besonderes Erlebnis. Doch das war noch längst nicht alles: es folgen zwei Brauhäuser mit Tradition, beide mit lauschigem Biergarten und Hotelbetrieb. Nicht zu vergessen in unserer Liste der Highlights: Katrin’s Früchtekorb, der Bioladen mit seinen 1000 Ideen, denn hier werden nicht nur Obst, Gemüse, Käse und andere Leckerein vekauft, auch geschmackvolle Präsente aus Keramik und Metall bietet der kleine kuschelige Laden an, ach, und natürlich Blumen der Saison vom feinsten. Freundlich und herzlich geht es hier zu, man kennt sich, man nimmt sich Zeit, man ratscht über dies und jenes und duzt sich natürlich.

Bei Gabriele gibt es auch Whisky Eis ….

Das unverwechselbare dieses Ortes ist, dass er sich weit weg von der Großstadt befindet und doch mit derselben durch die S-Bahn verbunden ist. In gut 50 Minuten ist man am Marienplatz, mittendrin in der bayerischen Landeshauptstadt. Für alle, die zuweilen auf einen Großstadtbummel nicht verzichten wollen und dafür nicht gleich das Auto bewegen möchten, ist das eine willkommene Anbindung. Nicht nur das: Auch das schöne sanft hügelige Umland, das sogenannte Dachauer Hinterland, ist von einer besonderen LIeblichlichkeit, die an bestimmten Tagen im Spätsommer und im Frühling an die Toskana erinnert. Mit der Chance an klaren Tagen sogar die Umrisse der Zugspitze erblicken zu können. Dann liegt das Karwendelgebirge zum Greifen nahe. Wandertouren, Fahrradausflüge – dafür gibt es jede Menge attraktive Ziele: Ob nach Schloss Blumenthal oder zur Weilachmühle, ob ins Sissi Jagdschloss nach Aichach oder ins Naturbad nach Vierkirchen, egal, wo man einkehrt, die Gastlichkeit wird groß geschrieben und es geht überall gemütlich und gelassen zu. Wer allerdings glaubt, als Zugereister, der sich schon in München sprachlich zurecht gefunden hat, auch hier ohne weiteres klarzukommen, der wird eines besseren belehrt. Denn der Dialekt ist von ganz besonderem Klang: NIcht immer leicht zu verstehen, aber sehr liebenswert.

Auch Kultur wird in Altomünster großgeschrieben. Ob es Künstler sind, die sich im Sommer an verschiedenen Orten mit Farben und Staffelei niederlassen und Motive der Stadt festhalten oder das Theaterfestival im Sommer, auf dem heimische Laiengruppen Klassiker interpretieren oder eigene Stücke zum besten geben. Es lohnt sich. Auch die Musikszene zeigt ihr Können: ein Mal im Jahr werden die eingangs genannten Lokalitäten zur Bühne für Bands und Musikanten. Was bleibt mehr zu sagen als: Auf geht’s nach Altomünster. Man wird es nicht bereuen.

Ein Leben ohne Boot macht auch nicht glücklich

Eigentlich wollte ich kein Boot mehr. Zu viel Arbeit, zu wenig Zeit, um mich drum zu kümmern und zu selten waren die schönen Momente zuletzt geworden. Doch es kam anders. Aber eins nach dem anderen. Erst als die Rapannte, unser altes Boot, das wir uns zu dritt als Eignergemeinschaft geteilt hatten, verkauft war, wurde mir bewusst, dass es ab jetzt keine Törns mehr geben wird. Und vor allem fehlte mir das Gefühl eines Auswegs, einer Möglichkeit dem Alltag zu entfliehen und zugleich ein zweites Zuhause zu haben.

Also verfolgte ich die Kleinanzeigen bei Ebay und wurde schnell fündig. Ein hübsches Segelboot, das die passenden Maße hatte, gut in Schuss war und zudem in einem attraktiven Hafen lag, denn der Liegeplatz war gleich mit im Angebot dabei. Erste Kontaktaufnahmen per Mail, dann eine Videobegehung über das Schiff und Wochen später eine erste Verabredung in Dänemarkt, genauer gesagt in der Marina Minde an der Flensburger Förde. So arbeitete ich mich nach und nach hin zum Kauf. Viele Fragen wurden beantwortet, Vertrauen entstand und nach einem zweiten Besuch wurde der Deal perfekt. Seitdem bin ich Eigner der Polaris, ein Langkieler, erbaut 1976 und seither äußerst pfleglich behandelt und vom letzten Eigner, Frank, aufwändig und mit viel Liebe zum Detail zu einem Schmuckstück gemacht.

Froh über den passenden Winterplatz in Hafen

Wenn die Polaris im Frühjahr startklar ist und die erste Fahrt ansteht, beginnt langsam eine Beziehung zum Segelboot. Viele neue Details werde ich entdecken, manches wird repariert werden müssen und mit jeder Seemeile wird das Vertrauen in die Segeleigenschaften der Polaris zunehmen. Und sicher wird so mancher Segler anerkennend der betagten Dame nachsehen und ein freundliches Lächeln herübersenden. Ich bin jedenfalls froh auf meine innere Stimme gehört zu haben: Ein Leben ohne Boot macht auch nicht glücklich.

Beaufort oder das Warten auf den Wind

Absegeln steht für das Ende einer Segelsaison, doch meist ist es auch verknüpft mit der Hoffnung auf ein besonderes Segelerlebnis vor der langen Winterpause.

IMG_6825
Was wiird der Tag bringen, zwischen Hoffen und Bangen beim Frühstück
IMG_6829
Die Rapannte im Heimatfafen von Missunde

Noch einmal aufs Wasser, hinaus auf die Ostsee, vielleicht bis in die dänische Südsee, bevor die Rapannte an Land geht. Das war unser Wunsch. Es kam anders. Als wir in Missunde an unserem Liegeplatz  in der Schlei ankamen, herrschte Flaute. An Segeln auf der Ostsee war nicht zu denken. Wäre da nicht diese unverbrüchliche Hoffnung, die in jedem Segler schlummert. Die Hoffnung, dass der Wind doch noch auffrischt und wenn es auch nur für kurze Zeit ist. Wir hofften. Auf den nächsten Tag. Auf ein paar Beaufort.

 Der letzte Törn

Und tatsächlich: Als wir nach dem Frühstück Kurs nahmen gen Osten Richtung Schleimünde, kräuselte erst sanft die Wasseroberfläche, dann huschten nach und nach Böen über die Schlei. Zeit zum Hissen des Großsegels und der Fock. Dann war er da, dieser einmalige Moment, für den jeder Segler so manches auf sich nimmt: Der Motor verstummt, Stille, nur das Geräusch des Bugs, wie er durch das Wasser treibt, das Schiff kränkt leicht und der halbe Wind aus Nordwest lässt die Rapannte zweieinhalb Knoten machen.

IMG_6856
Es tut sich was, der Motor ist aus, der Wind übernimmt …

Immerhin kamen wir so bis kurz vor Kappeln und waren glücklich. Auch wenn am nächsten Tag nur noch wenig Wind die Segel straffen konnte, hatte es sich gelohnt. Jetzt konnten wir die Rapannte klar machen fürs Winterlager. Bei strömendem Regen hing unser Segelschiff am Kran und zeigte sein Unterschiff, uberwuchert von Muscheln und Algen.

IMG_6862
Nach sechs Monaten im Wasser hängt sie am Kran, die Rapannte

Das verhieß jede Menge Arbeit. Abgekärchert und auf Böcken am Winterplatz stationiert machten wir uns ans Werk. Jede einzelne Muschel schabten wir ab, schliffen nochmal fein darüber hinweg und erledigten alle notwendigen weiteren Arbeiten an Bord bis wir die Rapannte mit einer riesigen Plane verhüllen konnten.

IMG_6863
Viel zu tun bis alles gesäubert ist ….

Kärchern und Schaben

Ein bisschen wie ein Kunstwerk, Christo lässt grüßen. Fest verzurrt und alle Seile stramm verknotet war  unsere Segelyacht nun bereit für den Winterschlaf. Mindestens 6 Monate, eine Ewigkeit für uns Segler. Nur zu überstehen in dem Gedanken an das einzigartige Gefühl, wenn im Frühling das Boot wieder Kurs nehmen kann, am liebsten Richtung Dänemark. Dann wird das Zauberwort Ansegeln lauten

IMG_6869
Die letzten Verfeinerungen beim Vertäuen, jetzt ist die Rapannte ein kleines Kunstwerk